Wir sind zu Besuch bei einem Freund. Ganz im Süden von Italien, im Stiefelabsatz, im südlichen Salento. Ein paar Tage hat Daniel uns in seinem in die Jahre gekommenen Mercedes rumkutschiert. Jetzt muss er wieder arbeiten. Der Wind weht, die Kite-Schüler warten. Damit wir nicht die ganze Zeit im schönen aber überschaubaren Lecce rumsitzen müssen leiht er uns sein Auto. Sein einziger Wunsch: “Kommt zurück bevor es dunkel wird, die vorderen Scheinwerfer sind kaputt.” Sprach’s und verschwand Richtung Strand.
Uns freut’s. Rumgefahren werden ist toll. Vor allem wenn der Fahrer sich gut auskennt, die Sprache spricht und uns die tollsten Plätze zeigt. Aber alleine fahren ist noch toller. Die Richtung selbst bestimmen, die schönsten Plätze selbst entdecken und sich mit Händen und Füßen verständigen. So fühlt sich Urlaub an.
Unser Ziel ist der südlichste Zipfel im italienischen Stiefelabsatz – Santa Maria di Leuca. Die Fahrt von Lecce nach Leuca verläuft unspektakulär. Wir wählen die Schnellstrasse und fahren durch süditalienisches Niemandsland. Verblichene Farben, gesichtslose Dörfer nur ab und zu ein paar uralte knorrige Olivenbäume. In Leuca dann endlich das Meer. So blau und so weit. Für mich immer wieder ein beeindruckender Anblick. Ich stehe eine Weile an der Balustrade am südlichsten Punkt von Santa Mario di Leuca und starre ins Blau. Herr L. klettert auf den zerklüfteten Felsen herum – er will ein Foto machen auf dem nur Meer und Himmel zu sehen ist. Derweil reisst mich eine Gruppe Radfahrer aus meiner Meeres-Meditation: “Una fotografia per favore.” Da sag ich doch nicht nein.